Kirchen gehen neue Wege

Die Gemeinden Varenholz und Lüdenhausen arbeiten eng zusammen. Sie sind Teil eines Projektes der Landeskirche. Ziel ist es, auch in Zukunft in den Dörfern präsent zu bleiben – und das notfalls auch mit weniger Personal.Kirchen gehen neue Wege

Horst-Dieter Mellies, Pastor der Kirchengemeinde Lüdenhausen (links), und Torben Sprenger, Diakon der Kirchengemeinde in Varenholz, arbeiten eng zusammen – sie wollen neue Wege für die Kirche von morgen ausloten. Fotorechte: Torben Sprenger

Kalletal. Als in Varenholz im März vergangenen Jahres Pfarrer Christian Brehme in Pension ging, tat sich eine deutliche Lücke in der eng gestrickten Personaldecke der Kirchengemeinde auf. Doch kaum war die Tür ins Schloss gefallen, öffnete sich eine neue: Seither nehmen die evangelisch-reformierten Kirchengemeinden Varenholz und Lüdenhausen am Projekt „Zukunft der Kirche im ländlichen Raum“ teil. In den Nachbargemeinden entwickelt sich eine, für kirchliche Verhältnisse, innovative Zusammenarbeit.

„Erprobungsräume“ – so heißt das übergeordnete Projekt der Landeskirche, zu dem auch das Team-Projekt in Kalletal zählt. „Im Mittelpunkt steht die Frage: Wie können wir die Zukunft der Kirche gestalten?“, sagt Projektkoordinatorin Dagmar Begemann von der Lippischen Landeskirche. „Zusammen mit Gemeinden, die daran interessiert sind, schaffen wir kleine Versuchs- oder Zukunftsräume.“ In Varenholz war die Idee aufgekommen, die Kirchengemeinden zusammen zu organisieren. So entstand ein gemeindeübergreifendes Team, das alle Aufgaben zusammen bewältigt.

„In der Kirche sind die Aufgaben in der Regel klar abgegrenzt – eine solche Kooperation ist neu und spannend für uns“, erklärt Begemann. „Wir versuchen, nicht mehr starr nach Vorgaben, sondern begabungsorientiert zu arbeiten“, sagt der Diakon der Gemeinde Varenholz, Torben Sprenger. Als sich der Pfarrer im vergangenen Jahr verabschiedet hatte, sprang der, mit 35 Jahren junge, Kirchenmitarbeiter ein und übernahm sogar Gottesdienste. „Wir haben uns dann gefragt: Warum sollen wir als Gemeinden alles allein stemmen? Wir können so viel doch zusammen gestalten“, so Sprenger.

Schließlich steckten Sprenger und der Pfarrer der Kirchengemeinde Lüdenhausen, Horst-Dieter Mellies, die Köpfe zusammen, um zu schauen, wie man sich gegenseitig am besten unterstützen kann. „Herr Mellies ist für Lüdenhausen weiter der erste Ansprechpartner, in Varenholz bin ich das“, sagt Sprenger. Das habe gerade bei konservativen Kirchengängern nicht immer sofort Euphorie ausgelöst. „Am Anfang war es für mich eine Herausforderung. Ich dachte, die Menschen wollen, dass ein Pfarrer sich um sie kümmert.“ Nach kurzer Zeit bemerkte Torben Sprenger jedoch: Es geht den Gemeindemitgliedern vielmehr darum, dass überhaupt jemand für sie da ist.

Keinesfalls wolle man den Eindruck vermitteln, man arbeite daran, die traditionelle Kirche zu untergraben. Die Teamarbeit zwischen Diakon und Pfarrer sei vielmehr eine Reaktion auf eine personelle Notsituation. Mittlerweile sieht man aber auf beiden Seiten die Vorzüge: „Herr Sprenger ist sehr fit mit Medien und hat ein Faible für Kameras“, sagt Horst-Dieter Mellies, „also kümmert er sich viel um unsere Homepage und Social Media.“ Außerdem filme er die Andachten, die häufig Mellies abhält, um sie später auf der Internetplattform Youtube zu veröffentlichen. „So können wir, als Kirche, die nah an den Menschen sein will, in Zeiten von Corona ohne Risiko mit den Gemeindemitgliedern den Kontakt halten“, zeigt sich Mellies überzeugt.

Er selbst bringt kirchlich-traditionelle Nuancen und sein musikalisches Gespür mit in das Team. Mellies war vor vielen Jahren selbst Chorsänger, und seine Kirchengemeinde verfügt zum Beispiel über einen Posaunenchor: „Der spielt natürlich auch gerne in Varenholz“, so Mellies.

Die Zusammenarbeit der Gemeinden komme bei den meisten Mitgliedern sehr gut an, sind sich beide Kirchenfunktionäre einig. Es seien auch bereits einige tolle Ideen entstanden. „Wir wollen möglichst viele Partner mit ins Boot holen“, sagt der Pfarrer. So waren Kooperationsprojekte zum Beispiel mit dem Campingplatz am Stemmer See oder dem Jugendinternat im Schloss Varenholz geplant. „Wir mussten viele Pläne wegen Corona vorerst stilllegen. Aber gerade in der Pandemie merkt man, wie viel Positives unsere Zusammenarbeit mitbringt. Der Teamgedanke kam zur passenden Zeit und war goldrichtig“, so Mellies. Torben Sprenger ergänzt: „Wir wollen zusammen unser schönes Kalletal stärken. Das ist uns ganz wichtig.“

Sie erreichen den Autor per E-Mail an ysonntag@lmh-giesdorf.de oder unter Tel. (05261) 911-256.

Aus der Landeszeitung Lippe vom 27.01.2021 (www.lz.de)

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