Anna und Nick Fleischfresser öffnen die Türen zu ihrem Denkmal in Lüdenhausen

Lorraine Brinkmann am 22.10.2023 um 14:02 Uhr

Anna und Nick Fleischfresser haben sich das 1735 erbaute Fachwerkhaus zu einem gemütlichen Zuhause umgebaut. - © Lorraine Brinkmann
Anna und Nick Fleischfresser haben sich das 1735 erbaute Fachwerkhaus zu einem gemütlichen Zuhause umgebaut. (© Lorraine Brinkmann)

Kalletal-Lüdenhausen. Es ist wahrlich nicht das einzige Fachwerkhaus in Lüdenhausen, allerdings eines, das einem sofort ins Auge springt. Denn das denkmalgeschützte Haus, das Anna und Nick Fleischfresser vor sechs Jahren erworben haben, liegt direkt an der Bösingfelder Straße, steht mit einer Ecke fast auf dieser. Da mag sich der ein oder andere fragen: Was war eher? Die Straße oder das Haus? Denn letzteres wurde immerhin schon vor fast 300 Jahren, nämlich im Jahr 1735 erbaut. Letztlich erübrigt sich die Frage allerdings auch, denn abgesehen von der Verkehrssituation ist das geschichtsträchtige Haus ein wahrer Hingucker – von außen und innen. Mit viel Schweiß, Zeit und Liebe haben sich Anna und Nick Fleischfresser hier ein wahres Idyll geschaffen und öffnen für die LZ ihre Türen.

Seit 1996 steht das Haus unter Denkmalschutz, beziehungsweise der größte Teil. Denn der Anbau beispielsweise, in dem sich heute die Küche befindet, ist erst später dazu gekommen, erzählt Anna Fleischfresser. Die 32-Jährige ist ebenso wie ihr Mann Nick in Lüdenhausen geboren und aufgewachsen. Man kennt sich im Dorf und so berichten beide auch von einem ausgezeichneten Verhältnis mit der Nachbarschaft und tatkräftiger Unterstützung aus dem Ort. Und die war bei all den angefallenen Arbeiten auch nötig.

Fotostrecke: Blick in ein Denkmal in Lüdenhausen (© Lorraine Brinkmann)

Ein ehemaliger Stall dient als Stauraum im Garten
Vieles wurde im Originalzustand gelassen, so wie die Schlafzimmertür
Das Haus ist seit 1996 in Teilen denkmalgeschützt
Blick auf die Deele
An verschiedenen Wänden probiert Nick Fleischfresser aus, wie sich die Zugabe von Stroh beim Verputzen mit Lehm auswirkt.
Die alten Fachwerbalken sorgen für Gemütlichkeit.
Das ehemalige Deelentor wurde zum großen Wohnzimmerfenster umfunktioniert.

Alter Charme tritt wieder hervor

„Wir haben die Fassade erneuert, die Fenster aufbereitet, innen die Wände neu gemacht und ein Badezimmer komplett saniert“, erzählt Nick Fleischfresser. Der 33-Jährige kennt sich aus, ist gelernter Maurer, selbst im Bereich Lehmbau tätig und hat entsprechend Erfahrung mit der Sanierung von Altbauten. Und während viele Wände im Haus zuvor mit Rigips verkleidet wurden, legt das Ehepaar nun nach und nach die alten Strukturen wieder frei, verputzt die Wände mit Lehm und lässt damit auch die alten Fachwerkbalken wieder mehr zur Geltung kommen.

„An den Wänden probiere ich mich aus“, erzählt Nick Fleischfresser. So hat er neben der Eingangstür zum Beispiel getestet, wie es aussieht, wenn das teils noch vorhandene Stroh im Lehm freigelegt wird. „Wenn die Sonne richtig steht, sieht man das Stroh richtig glitzern“, sagt seine Frau Anna und zeigt gleichzeitig die vielen, noch originalen Stücke im Haus. So finden sich an den Balken zum Beispiel Ketten und Ringe, an denen damals die Tiere angebunden wurden. Auch beim Gang durch die Türen im Obergeschoss fühlt sich der Besucher in der Zeit zurückversetzt.

„Für uns stand immer fest, dass wir keinen Neubau in der Stadt wollen“, sagt Anna Fleischfresser. Als das Haus damals zum Verkauf stand, hätten sie nicht lang gefackelt. Rückblickend sind sich beide einig: „Das Haus hat uns gefunden.“ Zu diesem gehören übrigens auch noch ein riesiger Garten, ein angrenzender ehemaliger Stall und eine Wiese, auf der das Ehepaar Schafe untergebracht hat. Eine dörfliche Idylle, die die beiden nicht mehr missen möchten.

Nachbarn wissen vieles zu berichten

Und weil das Ehepaar gerne auch etwas über die Geschichte seines Hauses erfahren wollte, hätten sie sich umso mehr gefreut, dass ein Kontakt mit der Dame zustande gekommen ist, deren Familie jahrzehntelang im Besitz des Gebäudes war. „Es war immer ein Haus für ‚arme‘ Leute, für Selbstversorger mit eigenem Vieh“, berichtet Anna Fleischfresser aus den Gesprächen. Auch im Ort wisse man den beiden vieles zu berichten und schaue sich gerne an, wie der historische Bau zu neuem Leben erwacht.

Bei all dem, was sie sich geschaffen haben, sind sich Anna und Nick Fleischfresser aber auch immer im Klaren darüber gewesen, dass die Sanierung eines Altbaus kein Kinderspiel ist. „Hier ist nicht eine Wand gerade“, sagt Anna Fleischfresser. „Das muss man immer im Hinterkopf haben. Auch der Denkmalschutz erschwere vieles, ebenso die teils niedrigen Decken.

Als nächstes möchte das Ehepaar unter anderem eine Glasplatte über der Inschrift am Haus anbringen lassen, damit diese nicht weiter verwittert. Und dann ist da noch der riesige Dachboden. „Was wir damit machen, wissen wir noch nicht“, sagt Anna Fleischfresser und fügt hinzu: „Der ist an diesem Haus wirklich das einzig Gruselige.“


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